Reisebericht Tag 8

Di. 6.12.22

Heute besuchen wir das Holy Family Hospital in Nangina, unser Ursprungsprojekt, welches wir seit 1988 unterstützen. Wir, das sind Michael, Ribbi, Klaus, Catherine, Father Julius und ich. Father Julius leitet das Hospital seit einigen Jahren und führt uns gemeinsam mit einigen Krankenschwestern und Pflegern herum. Er erzählt uns von den Schwierigkeiten, die das Hospital mit den gesetzlichen Krankenkassen hat. Viele Leute haben zwar eine Krankenversicherung, diese bezahlen aber die Behandlungskosten der Patienten einfach nicht. Wenn man dann als Krankenhaus bei den Kassen nachfragt, versichern diese einem zwar, dass sie die Kosten übernehmen werden und dass das Geld bald da ist, kommen tut es aber nur selten und wenn kommt nur ein Teil. Auch das ist einer der Gründe, warum das Krankenhaus bis jetzt immer auf unsere Unterstützung angewiesen war. 2016 fingen wir an eine Leichenhalle neben dem Krankenhaus zu errichten, seitdem diese steht, trägt es sich von alleine. Um das zu verstehen, muss man wissen, wie wichtig der Totenkult den Menschen hier ist. Scherzhaft sagt Father Julius, dass die Menschen bereit sind mehr Geld für ihre Toten auszugeben, als für die Behandlung ihrer Lebenden. Oft sind Familien nicht bereit die Kosten für eine Behandlung mit ungewissem Ausgang zu tragen, aus Angst vor finanziellem Ruin. Wenn jemand dann aber stirbt, fließt das Geld plötzlich nur so. Es wird eine große Beerdigung geplant, Verwandte müssen von überall her anreisen und für diese Zeit wird eine Leichenhalle benötigt, in der der Körper des Toten aufbewahrt wird. Wir besuchen die Leichenhalle. Es gibt einen Raum, in dem die Körper gewaschen werden und einen Raum, in dem drei „Kühlschränke“ für jeweils acht Körper zu finden sind. Das ganze Gebäude wird von einem Geruch begleitet, den ich nicht ganz einordnen kann. Irgendwie riecht es hier klinisch sauber. Auch nach Chlor. Aber irgendwas ist noch dazwischen. Da wir uns in einer Leichenhalle befinden, gehe ich davon aus, dass dieses Irgendetwas damit zusammenhängt, weshalb ich den eigentlich neutralen Geruch als wirklich unangenehm empfinde. Als einer der leeren Kühlschränke geöffnet wird, in denen normalerweise Leichen bei 2°C aufbewahrt werden und der Geruch sich schlagartig verstärkt, muss ich den Raum verlassen. Bestatter werde ich in meinem Leben wohl nicht mehr.

Einige Gebäude des Krankenhauses
Gruppenfoto vor der Leichenhalle mit Ärzten, Krankenschwestern, Father Julius als Krankenhausleitung, Father Marcellus, Klaus, Catherine, Ribbi und mir

Überall auf dem Krankenhausgelände laufen kleine Affen herum. Früher waren sie höher in den Bergen. Seitdem dort aber für die Landwirtschaft alles abgeforstet wurde, sind sie hier auf dem Krankenhausgelände, da sie hier Bäume haben. Für das mentale Wohlbefinden der Affen nicht zu unterschätzen, sind auch Leute wie wir, die sie mit Bananenschalen oder ähnlichem füttern, weil die Viecher schon verdammt süß sind. Aufpassen sollte man trotzdem. Vor Männern hätten sie Respekt, wird mir gesagt, Frauen würden sie das Essen oft einfach aus der Hand reißen.

Wir fahren auf dem Rückweg noch in der Kirchengemeinde von Father Marcellus vorbei, den der Nangina e.V. schon lange kennt.Gemeinsam mit seiner Gemeinde hat er Geld gesammelt, um hier eine Kirche und eine Kathedrale zu errichten. Beide befinden sich noch im Bau. Baustellen hier in Kenia sehen alle sehr ähnlich aus. Das Grundgerüst bilden Betonpfeiler, in denen sich Eisenstangen zur Stabilisation befinden. Die Lücken werden dann mit Ziegelsteinen gefüllt, alles wird per Hand gemacht. Das Baugerüst um das Gebäude herum ist aus Ästen selbst zusammengebaut. Die Probleme, welche die Kirchen hier in Kenia haben, sind genau umgekehrt zu den Problemen deutscher Kirchen. Sie sind zu voll. Überall sammeln Kirchengemeinden gemeinsam Geld um weitere Kirchen zu finanzieren, oft kriegen sie dabei auch finanzielle Unterstützung von Bistümern in Europa.
Father Marcellus sucht momentan noch Glocken für seine Kirchen, sollte jemand von euch Lesern also noch eine Kirchenglocke im Keller rumliegen haben, kann er sich gerne melden, wir stellen den Kontakt her.

Die Kathedrale im Bau, hier sollen am Ende bis zu 3000 Menschen reinpassen.

Wir fahren zurück 1,5 Stunden ins Pastoral Center, in dem wir übernachten.  Morgen besuchen wir den Teil des Kakamega Rainforests, den die Landwirtschaft gnädiger Weise übrig gelassen hat.

Hier erfahrt ihr mehr über das Nangina Hospital

Bis dahin!