Reisebericht Tag 5

Sa. 3.12.22
Freier Tag! Wir schlafen aus und machen und fertig, um Nairobis Innenstadt zu besuchen. Caro und Nico haben uns angeboten, uns ein bisschen herumzuführen. Beide haben wir in Napenda Kuishis Rehabilitierungszentren im Slum kennen gelernt. Sie studieren Soziale Arbeit in Köln und sind im Rahmen eines sechs monatigen Praktikums bei Father Maurizio. Michael und Ribbi fahren etwas früher per Uber und werden als Weiße direkt über den Tisch gezogen. Der Fahrer holt sie ab, checkt die Strecke und behauptet, dass er vorher nicht wusste, wie lang sie ist und, dass er leider das doppelte Berechnen müsse. Ich fahre eine Stunde später, bestelle mir auch ein Uber, entscheide mich aber für ein Boda. Bodas, also Mopeds, zu fahren, ist hier für viele junge Männer ein lukratives Nebeneinkommen. Meistens machen sie Personenbeförderung, nehmen aber auch andere Jobs an. An jeder Ecke stehen sie mit Bolt- oder Uber-Westen, weshalb mein Fahrer auch kurz nach Bestellung auftaucht. James bringt mich zum Masaai Market im Zentrum von Nairobi, den Caro uns empfohlen hat. Ein Boda zu nehmen ist bei den ganzen Staus die richtige Entscheidung, da James sie alle einfach umfährt. Auch bin ich mitten drin, habe kein Auto um mich herum und bekomme alles mit. Mit James unterhalte ich mich während der Fahrt, er ist sehr interessiert über mein Leben in Deutschland, hat einen zwei jährigen Sohn, den er ab nächstes Jahr in den Kindergarten schickt. Er fährt tagsüber für Uber und Bolt und verkauft abends Süßigkeiten. Von Ihm werde ich nur ein bisschen über den Tisch gezogen. Er erhöht den vorher angezeigten Preis von 510 auf 700 kenianische Schilling, mit derselben Begründung, wie schon der Fahrer von Michael und Ribbi. Da ich deutsche Taxipreise gewöhnt bin, zahle ich die umgerechneten 5,50€ nach 40 minütiger Fahrt bereitwillig.
Ich komme vor dem Markt an und werde direkt von drei Männern belagert, die mich einladen in ihren Shops einzukaufen. Es ist weniger eine Bitte, sondern fast schon eine Nötigung. Ich fühle mich an meine Ankunft am Flughafen in Nairobi erinnert, fühle mich sehr unwohl und irgendwie bedroht. Ich bitte meinen Fahrer noch kurz zu bleiben und warte auf Michael und Ribbi bis sie aus dem Markt kommen. Aus den engen Gassen des Marktes kommt, mit den beiden zusammen, ein etwa sieben jähriges Mädchen auf mich zu. Irgendwie hat sie von den beiden wohl meinen Namen aufgeschnappt. Sie ruft meinen Namen, fragt mich ob ich ihr was zu essen kaufen könnte, sie sei so hungrig, deutet währenddessen immer wieder auf ihren Mund. Es ist echt hart sie einfach zu ignorieren. Ich weiß aber, dass, wenn ich auf sie einginge und ihr Geld geben würde, ich auf einmal umringt wäre von Kindern. Michael und Ribbi wurden vor meiner Ankunft die ganze Zeit von einem „Security Mitarbeiter“ des Marktes begleitet, der sie immer animierte überall einzukaufen.

Das Feilschen um Preise auf dem Markt macht Spaß, dass man vor jedem Stand angesprochen wird, eher weniger. Vor jedem Stand werden wir begrüßt, eingeladen uns die Waren mit den „guten Preisäh“ anzugucken. Verkauft wird hier alles Mögliche. Kleider, Stoffe, Schmuck, Armbänder, Dekoration, Bilder, Besteck und Masken. Alles in „traditionellem“ Stil. Der nächste Stopp ist ein kleiner Weihnachtsmarkt auf dem Gelände des National Museums. Hier treffen wir auf Caro und Nico, die uns auch direkt beim Bezahlen des Uber Fahrers aushelfen, da wir nur Bargeld dabei haben, er aber nicht wechseln kann. Wie schon gesagt: mit mpesa läuft hier alles und ohne nichts. Nach dem Weihnachtsmarkt, der eher ein kleiner Trödelmarkt für Souvenirs, Kunst und Klamotten ist, fahren wir zu einem Textilcenter, welches in den ersten zwei Etagen eines Hochhauses ist.
Bevor der Fahrer uns rauslässt, warnt er uns noch vor der gefährlichen Gegend, in der wir uns befinden und das hier sonst nie „Mzungus“, also Weiße wären. Ich habe wirklich ein großartiges Bauchgefühl. Auf dem Weg durch die Stadt werden wir wieder von allen angeguckt. „Mzungu“ ruft einer, als er uns sieht. Es ist laut. Überall sind kleine Läden, vor manchen stehen Leute mit Mikrofon und bewerben sie und andere haben Waren auf Teppichen auf dem Bürgersteig ausgelegt.
Die Personenbusse finde ich besonders faszinierend. Sie haben zwar oft kein funktionierendes Licht, sind voller Macken und Rostbefall, aber sie sind mit einer unglaublichen Hingabe kreativ verziert worden. Jeder Bus ist in einzigartigem Graffiti angesprüht. Ich sehe einen Bus mit Bemalungen aus der Serie „Squid Game“ und auch ein schwarz gelber BVB-Bus fährt plötzlich an uns vorbei. Aus den Bussen ertönt laute Musik, ich sehe sogar einen Fernseher durch eine der Scheiben. Vor ihnen stehen Advertiser, die Leute auffordern in den Bus einzusteigen. Der Öffentliche Nahverkehr gehört hier einem Netz aus wohlhabenden Personen, die mehrere Busse besitzen.

Bunt, laut und nachts beleuchtet: die Busse in Nairobi

Wir besuchen den Textilmarkt und gehen danach noch auf einen großen Turm auf dem Gelände des Convention Centers. Anschließend gehen wir in einem Restaurant essen und statten der deutschen Botschaft noch einen kurzen Besuch ab, dann fahren wir nach Hause. Morgen fliegen wir nach Kisumu an den Viktoria See, um die Diözese Bungoma zu besuchen. In dieser Diözese ist das Nangina Hospital heimisch, welches unser erstes Projekt war. Auch werden wir dort die Mädchenschule besuchen, die wir zusammen mit den Sternsingern gebaut haben. Vielleicht gibt es sogar einen kurzen Besuch im Kakamega Regenwald.

Bis dahin!

PS: Das Huhn hat übrigens überlebt. Als wir gestern Abend ankamen, haben wir es den Jungs gegeben, es hat in ihrem Hühnerstall eine neue Familie gefunden.

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Der Stoffladen: Farbenfroh und fröhlich, auch wenn es im Gebäude etwas nach Urin gerochen hat.
Aussicht auf Nairobi vom Turm des Convention Centers
Foto aus Internet. So sehen die sogenannten „Matatus“ bei Nacht aus.