Eine Woche Krankenhauserfahrung und viele Sprünge ins kalte Wasser – „Du bist dann Mädchen für alles im OP“
Katharina Stritzke, die Jugendvorsitzende und zweite Vorsitzende des Nangina e.V. war im Juni 2016 vor Ort zu Besuch, um das Krankenhaus und die Menschen in Attat besser kennenzulernen. Nach einem herzlichen Empfang faltete sie die sterilen Mullbinden für den OP-Bereich, assistierte bei kleineren Eingriffen wie zum Beispiel bei den regelmäßigen Verbandswechseln bei Brandverletzungen oder schrieb Berichte bei der Untersuchung von Neugeborenen, die durch Kaiserschnitte zur Welt gekommen sind. Sie berichtet: „Es ist beeindruckend, mit welcher Fürsorge die Krankenschwestern, Ärztinnen und Ärzte sich auch mit wenigen Mitteln um die Patienten kümmern und Tag und Nacht für Notfälle zur Verfügung stehen.“
Ihr Erfahrungsbericht nach einer Woche in Attat:
Der erste Eindruck des Krankenhauses ist, dass es einfach nur aus allen Nähten platzt. Über 300 Patientinnen und Patienten sind in der Ambulanz und täglich werden im Durchschnitt mehr als 10 Babys zur Welt gebracht. Die Schwestern sowie das gesamte Krankenhauspersonal kümmern sich rührend um alle Patienten, bzw. die Schwangeren und Neugeborenen, so dass sich der gute Ruf der Klinik immer weiter verbreitet und die Patientenzahlen allein im letzten Jahr um 30 % gestiegen sind.
Zur Erweiterung der Stationen, der OPs und vor allem des Kreißsaals wird gerade ein neues Gebäude erstellt, das fast fertig ist. Die von Nangina finanzierten Sterilisatoren stehen dort schon bereit und warten darauf, zum Einsatz zu kommen. Die alten Geräte haben lange Zeit gute Dienste geleistet, mussten aber ersetzt werden, da es keine Ersatzteile mehr gibt.
Für mich war es beeindruckend, wie sehr sich alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Krankenhaus für die Patienten und Patientinnen einsetzen. Teilweise gehen sie bei der vielen Arbeit wirklich an ihre Grenzen. Da es keine Krankenversicherung gibt, kommen die meisten Menschen nämlich erst dann zum Krankenhaus, wenn sie wirklich schwer krank sind. Zu meiner Überraschung durfte ich sogar tatkräftig im OP-Bereich mithelfen. Angefangen habe ich damit, Mullbinden zu falten. Bald wurde ich jedoch gerufen, um bei der Versorgung eines kleinen Jungen zu helfen, der sich mit heißem Kerosin aus den dort üblichen Lampen überschüttet hatte. Er war 6 Jahre alt, hat eine Sehbehinderung und eine geistige Behinderung. Nun noch dazu die Brandwunden. Da er erst sehr spät ins Krankenhaus gebracht wurde, waren seine Wunden infiziert und eiterig. Sie mussten also gereinigt und neu verbunden werden – Gott sei Dank unter einem recht starken Betäubungsmittel. Nach zwei Tagen waren schon die ersten Wunden verheilt. Die Verbrennungen waren immerhin nicht sehr tief. Damit hat er eine gute Chance auf Heilung. Die Möglichkeit zur Hauttransplantation gibt es zunächst noch nicht. Aber sie steht schon auf der Agenda des Attat-Hospitals, da es viele solcher Verletzungen in den Dörfern gibt.
Mit Sr. Rita als Gynäkologin hat das Krankenhaus einen Schwerpunkt in der Mütter- und Neugeborenenversorgung. Eine Mutter hatte Zwillinge zur Welt gebracht. Einem Kind ging es sehr schlecht und beide waren noch sehr klein, so dass sie auf die Frühgeborenenstation gebracht wurden. Nach sorgsamer Behandlung und Überwachung (sogar Wiederbelebung) konnten nun die Eltern mit ihren beiden Neugeborenen das Krankenhaus verlassen. Wie man der Mutter ansieht, ist sie überglücklich und dankbar für ihre beiden gesunden Kinder.
Natürlich gehen nicht alle Fälle so glücklich aus wie dieser, da die Bedingungen eines äthiopischen Landkrankenhauses beschränkt sind. Es macht jedoch großen Mut zu sehen, wie die Kankenhausmitarbeiter Hand in Hand mit den Angehörigen der Patienten zusammenarbeiten, um ihnen so gut wie eben möglich helfen zu können!